MOERS. Paul Spiegel ist viel unterwegs. „Die Gespräche mit unseren Kunden führe ich gerne selber“, sagt der Chef der internationalen Künstler- und Medienagentur "Paul Spiegel". Einer seiner Termine führte Dr. Spiegel, seit Januar 2000 Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, nun nach Moers. Karl-Heinz Tenter, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse am Niederrhein, hatte seinen früheren Arbeitskollegen Spiegel zufällig bei einem Reitturnier in Aachen wieder gesehen und ihn spontan eingeladen. Karl-Heinz Tenter: „Ich möchte für eine Veranstaltung unserer Sparkasse einen prominenten Redner gewinnen, Paul Spiegel hat die richtigen Kontakte.“
Paul Spiegel holte Hans Rosenthal nach Moers
Der gelernte Journalist Spiegel war von 1974 bis 1986 Leiter der Stabsstelle für Öffentlichkeitsarbeit beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband. Er war es, der in den 80er Jahren die öffentlichen PS-Auslosungen mit Prominenten ins Leben rief. Paul Spiegel: „Eine der ersten PS-Auslosungen habe ich mit der früheren Sparkasse Moers gemacht.“ Der Prominente damals: Hans Rosenthal. Der Erfolg bei der Vermittlung von Künstlern und der Organisation von Veranstaltungen ermutigte ihn, sich 1986 mit der Agentur selbständig zu machen. Parallel dazu kümmerte er sich früh ehrenamtlich um die Belange der jüdischen Gemeinden in Düsseldorf und NRW.
„Den Großteil meiner Zeit widme ich den Aufgaben in der Agentur“, sagt Paul Spiegel. Eben konnte er Irene Epple und Dr. Vaira Vike-Freiberga, die Präsidenten Lettlands, als prominente Rednerinnen für verschiedene Anlässe gewinnen. Doch auch Namen wie Wladimir Putin oder Bill Clinton, beide will er nächstens nach Deutschland holen, können den Künstleragenten nicht schrecken. Paul Spiegel: „Durch mein Amt bin auch ich kein Unbekannter, den man am Telefon einfach abwimmelt.“
Was ist koscher?
Sein jüngstes Buch „Was ist koscher?“ verkaufte sich bereits 45.000 Mal, worüber sich der Autor vor allem deshalb freut, „weil ich damit der Unkenntnis über das jüdische Leben etwas entgegensetzen kann“. Seine zentrale Aufgabe als Vertreter von rund 105.000 Menschen in den 83 jüdischen Gemeinden Deutschlands formuliert er so: „Wir wollen nach außen mit einer Stimme sprechen, politisch angemessen vertreten sein und dafür sorgen, daß die größer werdenden Gemeinden die erforderliche Unterstützung zur Pflege und Weitergabe des Glaubens erhalten.“
12.8.2004
NIEDERRHEIN. Blankes Entsetzen und stehende Ovationen markierten am dritten Tag des Comedy Arts Festivals die maximal-emotionalen Ausschläge der rund 1500 Zuschauer. Gleich zu Beginn setzte der aus dem Fernsehen als „Camper“ bekannte Willi Thomczyk die Brechstange an und entzweite das Publikum in diejenigen, die ihn fortan hassen werden und in eine zweite, kleinere Gruppe, die hinter seinen brutalen, sadistischen und obszönen Sudeleien noch den Clown ausmachen konnte.
Zweimal Standing Ovations
Zweimal erhob sich die begeisterte Menge in der Sparkassen-Arena. Die ersten Ovationen und Jubelstürme galten „Herrn Niels“. Monsieur Agon, exzellenter Moderator und Varietékünstler des Abends, hatte den außergewöhnlichen Bewegungskünstler als „gute Seele meines Programms“ eingeführt. Und so, wie man von der Seele bis heute nicht weiß, wo sie eigentlich sitzt, war es unmöglich zu erkennen, wo der stumme Herr Niels seinen Schwerpunkt hat.
Gleichsam losgebunden von Schwerkraft und jeglicher physischen Gesetzmäßigkeit machte Herr Niels das Publikum ob seiner Körperbeherrschung staunen. Seine erstklassige Pantomime garnierte der Gummimann mit kleinen Tricks, die zusätzlich für Lacher sorgten. So drehte sich eine Malerrolle selbst dann, als er eine gar nicht vorhandene Wand zwischen sich und dem Publikum bemalte. Und von einem Regenschirm, den er nach technisch eingespieltem Donner aufspannte, trieften bei seinem Spaziergang durch die Stuhlreihen Ströme Wassers.
Klassentreffen
Dem blonden Emil und seinem Programm „Ungefärbt“ galten die zweiten Standing Ovations des Abends. Der gebürtige Leipziger, der von früheren Auftritten in der Grafenstadt bereits eine Fangemeinde in Moers hat, zeigte ganz große Comedy. Bei einem Klassentreffen mit Marcel Reich-Ranicki, Herbert Grönemeyer, Helge Schneider, Peter Maffay, Diddi Hallervorden, Götz George, Klaus Kinski und Hermann van Veen unterstrich er, warum man ihn das Chamäleon am deutschen Comedyhimmel nennt. Und mit seinen Parodien als tschechischer Entertainer Pepik Nowak und auf Modern Talking schritt Emil die scharfe Kante zwischen penetranter Kurortunterhaltung und feinen Pointen ab. Prädikat: ganz große Klasse!
Frequenzstörungen ließen hingegen Adrian Engels und Markus Riedinger hören, die als das Duo „Onkel Fisch“ durch den Äther und über deutsche Bühnen flitzen. Oft zu schnell, zu abrupt und zu wenig originell gehören die beiden Freunde eher in die Fast-Food-Abteilung der Comedy. „Fette“ Reden, große Gesten und viel Einsatz von Tontechnik und Lichteffekten konnten nicht darüber hinweg täuschen, daß da zwei Jungs, die sich im Radiosektor von Eins Live einen Namen gemacht haben, für ein Festival von Rang zu große Anzüge ausgesucht hatten.
Vergebliche Sirene
Das passende Kleid, aber den falschen Rahmen hatte hingegen Coco Camelle erwischt. Mit ihrem leisen Witz in Text und Musik erinnerte sie unmittelbar an Revuen eines Georg Kreisler. Doch es war zu spät. Nach drei Tagen und mehr als 50 Stunden nach dem ersten Act des Festivals, da konnten ihre Sirenengesänge das Publikum ebenso wenig erreichen und zum Dableiben verführen wie weiland die Gefährten des Odysseus. Dennoch: Mit Coco Camelle war eine Künstlerin in Moers, die man andernorts noch einmal richtig und dann würdig hören möchte.
Ja, und dann nochmal zurück zu Willi, dem „Brutzler“, der sich dem Vernehmen nach bei vielen Festival-Besuchern ganz schön die Finger verbrannt hat. Was ist in den Mann gefahren, der mit Peter Zadek politisches Theater gemacht hat und den eine tiefe Freundschaft mit Heiner Müller verband? Wie kommt der Sohn einer Bergarbeiterfamilie aus Wanne-Eickel dazu, in Moers den Vollproleten ohne Rücksicht auf Geschmack und Anstand zu mimen? Zwei zur Seite gesprochene Äußerungen bieten einen Schlüssel an: 1. „Wir haben den Zweiten Weltkrieg schon überrundet.“ 2. „Ich bin seit 25 Jahren ein Clown.“
Katharsis mit Willi Thomczyk
Glasklar blickt Willi Thomcyk in die real existierende Wirklichkeit. Das, was er auf der Bühne sagt, hört heute schon jeder Grundschüler auf dem Schulhof. Er sieht die Realität ebenso klar wie ein Leo Bassi, der sich übrigens auch einen Terror-Clown nennt und mindestens ebenso drastisch sagt und zeigt, was los ist in dieser Welt, nur sagt Bassi es eben in Englisch! Um es klar zu sagen: Der Hardcore, den Willi Thomcyk in doppeltem Sinne auf die Bühne bringt, ist mutig, leidenschaftlich und engagiert zugleich. Und er kann es nur tun, weil er den Bekanntheitsgrad hat, den er hat. Daß er es ohne Rücksicht auf seine Reputation als ehrenwerter Künstler tut, ist ihm hoch anzurechnen. Prädikat: Thomczyk führte das Publikum in einen emotionalen Bezirk, den ein Aristoteles Katharsis genannt hätte. Oder anders: Brutzler Thomczyk ist der Besteiger des gesellschaftlichen Schlackeberges.
9.8.2004Die Fotos vom Sonntagabend beim Comedy Arts vermitteln einen Eindruck vom wechselvollen Programmbogen. Zum Vergrößern der Fotos einfach draufklicken.
NIEDERRHEIN. Die Frage nach dem Gebrauch der alten oder neuen Rechtschreibung läßt sich bei der Sparkasse am Niederrhein nicht einheitlich beantworten. Während sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmensbereichen Rheinberg und Neukirchen-Vluyn aufgrund entsprechender Vorstandsbeschlüsse bereits seit Jahren an der neuen Rechtschreibung orientieren, gilt im Unternehmensbereich Moers noch die alte. „Das hängt mit unserem bisherigen Textverarbeitungsprogramm Ami Pro zusammen, das die neue Rechtschreibung nicht unterstützt“, sagt Wilhelm van gen Hassend, der Leiter des Vorstandssekretariates.
Im Zuge der EDV-Umstellung auf ein einheitliches System führt die Sparkasse nun ein Programm ein, das im Zweifel sowohl die alte als auch die neue Rechtschreibung unterstützt. Wilhelm van gen Hassend: „Wir werden uns als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut im Rahmen der gesetzten Fristen natürlich am Gesetz orientieren.“ Das bedeutet, sofern die Reform aufgrund verschiedener Initiativen von Verlagen nicht gekippt wird, gelten für die Sparkasse am Niederrhein ab Sommer nächsten Jahres ausschließlich die Regeln der neuen Rechtschreibung. Marilyne Lemmen, Sekretärin im Vorstandssekretariat der Sparkasse und gebürtige Französin, würde das sehr begrüßen: „Für mich ist die neue Rechtschreibung viel logischer. Wenn die Deutschen schon so viele Ausnahmen wie etwa bei der Groß- und Kleinschreibung machen, dann sollten sie es auch konsequent tun.“
9.8.2004
MOERS. Marco Caroleis Augen funkeln. Die Zuschauerin ahnt, was kommt. Unauffällig will sie sich hinter anderen Passanten verbergen. Vergebens. Das Versteckspiel endet mit einer Flucht ins nächste Restaurant, als Carolei mit verschmitztem Blick näher rückt. Keiner ist vor dem italienischen Komiker mit dem großen Koffer bei seinem Auftritt im Straßenprogramm des 28. Internationalen Moerser Comedy Arts Festivals sicher. Ständig auf der Suche nach einem neuen Opfer für seine Späße, wuselt er umher.
Schnell mal einen Blick in die Einkaufstüten geworfen, dem Mann mit dem langen Bart mit der Schere gedroht und zwischendrin noch für die Fotografen posiert – Carolei zeigte sich als Meister der Improvisation und Interaktion. Permanent zog er neue Requisiten für seine Gags aus den Taschen und seinem Koffer. Er entdeckt einen Zuschauer mit Fahrrad, und schwups steht auf dem Pflaster des Altmarkts ein Hütchen-Hindernis-Parcours. Er erspäht drei Passanten mit Kinderwagen - und schon ist ein kleines Rennen organisiert. Diese Improvisation, gepaart mit seiner ausgefeilten Mimik und Gestik, ließ seinen Auftritt zu einem Feuerwerk von Schalk und Schabernack werden.
Ein weiterer Höhepunkt des Straßenprogramms: der Auftritt von „Duett Complett“. Simon Flamm und Thomas Schaeffert kombinierten in ihrem Programm Jonglage, Musik, Akrobatik und Comedy zu einer Mischung, die den Zuschauern Mund und Augen offen stehen ließ. Nicht nur, daß sie der Schwerkraft widersprechende Akrobatiknummern zeigten. Sie spielten dazu Gitarre, jonglierten und trieben ihre Späße mit dem Publikum. Sie jonglierten mit nicht weniger als sechs Ukulelen und spielten gleichzeitig ein Lied auf ihnen. Nichts schien unmöglich für die beiden Freiburger zu sein, die ihr Handwerk auf einer Zirkusschule lernten.
Das Theater Carbid aus den Niederlanden und der Komiker Florin mit seinem Hund Cato rundeten das Straßenprogramm ab. Vor allem den jüngeren Zuschauern gefielen die Späße, die Florin mit seinem gescheckten Terrier trieb. Die zwei präsentierten sich als gut aufeinander eingespieltes, sechsbeiniges Duo. Verblüffende Dressurnummern vermischten sie gekonnt mit Clownerien. Den Mittelpunkt des Programms bildeten die Rechenkünste des Hundes. Bellend löste der drollige Vierbeiner zum Staunen der Zuschauer einfache Aufgaben.
Wendy van Zanten und Lody Ratsma hatten hingegen ein Programm mit vielen abstrakten und absurden Elementen im Gepäck. Durch den ständigen Umbau eines selbst gebauten Geräts aus zwei auf Rollen montierten Sprossenrahmen spielten sie den Alltag auf einem Bauernhof nach. Aufmerksamkeit war gefordert, wollte man die Transformationen nachvollziehen und der Geschichte folgen. Der Lohn war eine Show voller abstruser visueller und komischer Einlagen.
8.8.2004Auf dieser Seite haben wir für Sie Impressionen vom Straßenprogramm des 28. Comedy Arts Festivals zusammen gestellt. (Zum Vergrößern der Fotos bitte einfach darauf klicken)
NIEDERRHEIN. 16 junge Frauen und Männer bilden den ersten Ausbildungsjahrgang der Sparkasse am Niederrhein. „Man sagt, nun beginne der Ernst des Lebens. Aber nehmen Sie ihn nicht zu ernst“, sagte Vorstand Ulrich Ruthenkolk jetzt bei der Begrüßung der Kolleginnen und Kollegen. Gleichwohl erwartete die jungen Leute gleich in ihrer ersten Arbeitswoche ein voller Stundenplan und der erste Kontakt mit Kunden. Die Zahl der Beschäftigten beim größten Kreditinstitut im Kreis Wesel stieg mit dem Beginn der neuen Auszubildenden auf 905.
Der Erfolg im Beruf hänge wesentlich von der Freude ab, die man bei der Arbeit habe, betonte Ulrich Ruthenkolk weiter. Und er ermunterte die sichtlich angespannten jungen Leute, ihren Ausbildungsbetrieb durch Neugier und Nachfragen kennen zu lernen. „Wir erwarten nicht, daß Sie schon alles wissen“, so Ausbilderin Sabine Lucas. Sie stellte den angehenden Bankkaufleuten den Fahrplan für die zweieinhalbjährige Ausbildungszeit vor. Sabine Lucas: „Bereits am dritten Tag werden Sie Kundenkontakt in einer unserer 43 Geschäfststellen zwischen Moers und Xanten haben.“ Zuvor allerdings nahm Personaldirektor Karl-Heinz Bauer den 16 Auszubildenden das sogenannte Gelöbnis ab, das sie fortan zur Wahrung des Bankgeheimnisses verpflichtet.
8.8.2004
MOERS. Der Moerser Comedy-Preis „Henriette“ ging am Rande des Festivals an Ennio Marchetto und Sosthen Hennekam. Die beiden Künstler erhielten die süße Nachbildung des Moerser Denkmals als Anerkennung für ihre Verdienste um das Genre, dem sie mit ihrer Papierkostüm-Comedy eine neue Stilrichtung hinzufügt haben. Karl-Heinz Tenter, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse am Niederrhein, Werner Schrick, der künstlerische Leiter des Festivals, und Wenke Seidel, Geschäftsführerin der Volksschule am Südring, überreichten die Auszeichnung.
Seit über zehn Jahren verleihen Veranstalter und Hauptsponsor die 20 Zentimeter hohe Zuckerstatue an Künstler, die sich um die Comedy verdient gemacht haben. „Er ist ein Unikat“, würdigte Werner Schrick Ennio Marchettos Leistung. In seiner Show schlüpft der international gefeierte Italiener in bis zu 30 Rollen, in denen er Personen der Zeitgeschichte von Mona Lisa über den Musiker Eminem bis hin zum Papst durch ausdrucksstarke Gestik und Mimik imitiert.
Der Clou sind die von Sosthen Hennekam geschnittenen Papierkostüme. Marchetto trägt in seiner Show mehrere übereinander. Etwa durch Falten und Rollen gelingen ihm so blitzschnelle Rollenwechsel und aberwitzige Transformationen. Bereits dreimal war Marchetto in Moers beim Comedy Arts Festival zu Gast. Die „Henriette“ zu erhalten, so sagte er bei der Preisverleihung, sei für ihn eine Ehre.
8.8.2004