Harald Schönherr berichtet vom Anlagemarkt
NIEDERRHEIN. Alle schauen auf die europäische Schuldenkrise, wenige auf die Entwicklung in den USA. Soviel steht fest: Dank der massiven Eingriffe der Europäischen Zentralbank durch den Ankauf von Staatsanleihen aus der Euro-Peripherie schmolzen die Risikoprämien für Wertpapiere aus Spanien und Italien. Die Gefahr eines Zerfalls der Währungsunion scheint damit zunächst gebannt. Der Euro-Dollar-Kurs machte einen Sprung über 1,30, nachdem er noch vor zwei Monaten nur knapp über 1,20 notierte. Seit Mitte 2008, als der Euro seinen mehrjährigen Aufwertungstrend gegenüber dem US-Dollar beendete, pendelt der Wechselkurs bei mitunter hoher Volatilität im Bereich von 1,20 bis 1,50. Die Auf- und Abwärtsbewegungen dauern von einem halben bis zu gut einem Jahr. Hat jetzt eine neue Aufwertungswelle des Euro begonnen, oder ist die Erholung wieder nur ein Strohfeuer?
Die Research-Abteilung der Hessischen Landesbank geht davon aus, dass neben der europäischen Schuldenkrise insbesondere die US-Geldpolitik den Euro-Dollar-Kurs in den letzten Jahren beeinflusste. So gingen mit den ersten beiden Kaufprogrammen der Federal Reserve eine spürbare Dollar-Schwäche einher – nicht nur gegenüber dem Euro. Zum einen wurde das staatliche „Geld drucken“ argwöhnisch betrachtet, zum anderen beförderte die Fed damit die Risikoneigung an den Finanzmärkten insgesamt, die den vermeintlich sicheren Hafen US-Dollar belastete. Nun hat sich die Fed für eine neue quantitative Maßnahme (QE3) entschieden: Sie wird hypothekenbesicherte Anleihen (MBS) im Wert von 40 Milliarden US-Dollar pro Monat ankaufen. Im Gegensatz zu früheren Programmen ist das jetzige zeitlich nicht limitiert. Die Fed behält sich weitere Schritte vor, sollte sich die wirtschaftliche Lage nicht verbessern.
Die jüngste Entwicklung zeigt recht deutlich, dass die Entwicklung des Euro gegenüber dem US-Dollar keine Einbahnstraße ist. Leichte Fortschritte in der Bewältigung der europäischen Schuldenkrise führen zudem sofort zu einer erheblichen Aufwertung des Euros, und dies auch gegen andere, derzeit von vielen Anlegern gefragte Währungen. In der vergangenen Woche wurde erneut deutlich, dass wiederaufkommende Sorgen um das europäische Haus sowohl am Aktien- wie auch am Devisenmarkt zu entsprechenden Ausschlägen führen. Es bleibt spannend.
(Autor Harald Schönherr ist Anlageexperte bei der Sparkasse am Niederrhein. Diese Information dient Werbezwecken. Sie genügt nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Finanzanalysen und führt nicht zu einem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung von Finanzanalysen. Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen, die die Sparkasse am Niederrhein für zuverlässig hält. Eine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. Keine Aussage in dieser Veröffentlichung ist als solche Garantie zu verstehen. Die Sparkasse am Niederrhein übernimmt keinerlei Haftung für die Verwendung dieser Publikation oder deren Inhalt.)
3.10.2012