Kreis hilft bei Früherkennung von Chancen und Risiken
Unter der Moderation von Tom Hegermann (WDR 2) beschäftigten sich rund 200 Zuhörer im Rheinberger Stadthaus mit dem Thema "Früherkennung von Chancen und Risiken im Unternehmen". 1. Reihe (v.l.) Tom Hegermann, Landrat Dr. Ansgar Müller, Franz-Josef Stiel (Sparkasse), Dieter Fürtjes (Volksbank), Hans-Dieter Vietmeier (Steuerberaterverband), Michael Düchting (EAW) und Klaus Möllemann (IQS).
KREIS WESEL. Oft erkennen Unternehmer erst spät, daß ihnen wirtschaftlich Gefahr droht. „Wir wollen die kleinen und mittelständischen Betriebe im Kreis Wesel dabei unterstützen, ihre Risiken, aber auch ihre Chancen frühzeitig zu erkennen“, sagte Landrat Dr. Ansgar Müller jetzt vor rund 200 Zuhörern im Rheinberger Stadthaus. Die Entwicklungs-Agentur Wirtschaft (EAW) Kreis Wesel hatte gemeinsam mit Sparkassen, Volksbanken, dem Steuerberaterverband Düsseldorf sowie weiteren Partnern zu der Veranstaltung unter dem Titel „Wo steht mein Unternehmen?“ eingeladen. Tom Hegermann, Moderator bei WDR 2, führte durch den Abend mit zwei Fachvorträgen und einer Podiumsdiskussion.
Fehlende Liquidität
Leider, so berichtete Franz-Josef Stiel, Vorstand der Sparkasse am Niederrhein, „kommen viele Kunden oft zu spät“. Die Kontoführung sei das Spiegelbild eines Unternehmens und fehlende Liquidität deute häufig schon auf erhebliche wirtschaftliche Probleme hin. Dies bestätigte auch Dieter Fürtjes, Vorstand der Volksbank Niederrhein: „Das ist wie in einer Ehe, wenn es kritisch wird, muß man frühzeitig sprechen.“ Dazu will die EAW mit ihrer Initiative „Früherkennung von Chancen und Risiken“ nun Inhaber von kleinen und mittelständischen Unternehmen motivieren.
Michael Düchting, Leiter der Kreis-Wirtschaftsförderung: „Wir möchten in einem ersten Schritt qualifizierte Beratungsangebote an die Unternehmen herantragen.“ Eine zentrale Rolle bei Früherkennung und Beratung nehme auch der jeweilige Steuerberater ein, betonte Hans-Dieter Vietmeier, stellvertretender Vorsitzender des Steuerberaterverbandes Düsseldorf. „Steuerberater müssen mutig sein und Schieflagen deutlich ansprechen“, so Vietmeier.
Individuelle Kennzahlen
Klaus Möllemann von der Initiative Qualitätssicherung NRW (IQS) stellte vor, wie Unternehmen ein individuell auf sie zugeschnittenes System von Frühindikatoren entwickeln können. Möllemann: „Die Suche nach Kennzahlen, die frühzeitig anzeigen, wo etwas nicht stimmt, muß sich an den Prozessen der jeweiligen Unternehmen orientieren.“ In seinem Vortrag, mit dem die IQS bereits mehr als 100 Mal Unternehmer in NRW erreichte, stellte Möllemann vor, wie sich verläßliche Indexzahlen finden lassen. Er beschrieb dabei einen Weg von der Rechnungslegung für Waren oder Dienstleistungen zurück über den Bestell- und Angebotswert bis hin zur ersten Kundenanfrage.
Möllemann: „Je weiter sie ihre Prozesse zurückverfolgen und entsprechende Kennzahlen definieren, desto mehr Zeit gewinnen Sie, um rechtzeitig zu erkennen, wo es hakt.“ So lasse sich schon an einer Differenz des ursprünglichen Rechnungsbetrages und des erfolgten Zahlungseinganges sehen, ob etwa die Qualität oder der Liefertermin nicht gestimmt habe. Und schon der Vergleich der Gesamtzahl von Angeboten und den tatsächlich erteilten Aufträgen zeige, wo eventuell die Konkurrenz stärker oder die eigene Dienstleistung oder Ware schlechter geworden sei.
Praxis und Workshops
Aus der Praxis eines Mittelständlers mit rund 100 Mitarbeitern berichtete Wolfgang Groß. Der Diplom-Betriebswirt ist Controller der Firma IKS, eines Spezialisten für Klebetechnik aus dem Siegerland. Der Zulieferer für die Automobilindustrie entwickelte in einem betriebsinternen Projekt 190 Kennzahlen zur Früherkennung von Störungen im Unternehmen. Groß: „Wichtig ist, daß Sie wirklich alle Betriebsbereiche einbinden.“ Mit einem realistischen Blick auf die Ausgangssituation, einem klaren Unternehmensziel und einer auf der Basis der erhobenen Daten formulierten Strategie ließen sich zuletzt nicht nur Risiken frühzeitig erkennen, sondern auch neue Chancen entdecken, so EAW-Leiter Michael Düchting.
In zwei Workshops der EAW haben Interessenten nun die Möglichkeit, sich eingehender mit dem Thema „Früherkennung“ zu beschäftigen. Informationen unter 0281/ 207-4959.
29.09.2005