Der Comedysamstag mit neuen Unterhaltungshöhen
MOERS. Nach dem turbulenten Auftakt ging die Comedy-Party in der vollbesetzten Sparkassen-Arena am Samstag weiter. Mit einer furiosen Mixtur aus Public, Classic und Romantic Comedy bis hin zu Costume Comedy mit Weltstar Ennio Marchetto, der mit kleinen Kunstgriffen und aberwitzigen Rollenwechseln für eine perfekte Show sorgte, stieg der Unterhaltungspegel in der Sparkassen-Arena auf neue Höhen an. Das Vorprogramm brachte mit dem italienischen Komiker und Clown Marco Carolei, der mit charmant-verrückten Improvisationen das Publikum erheiterte, einen netten Auszug aus dem ebenfalls sehr schönen Straßenprogramm.
Don Camillo der Comedy
Zu Orgelklängen alberte Carolei mit Kreuz und Heiligenschein herum, hieß mit dem Gebetsglöckchen die Zuschauer aufstehen und wieder hinsetzen und wieder aufstehen und wieder hinsetzen, trainierte die „Capocomico“-Art des Betens und versprühte reichlichst „Weih“-wasser auf die ungläubige Gemeinde. Selbst ein „Miracolo“ gelang, als der Don Camillo der Comedyshow simples Aqua in köstlichen Chianti Classico verwandelte. Zum fetzigen Sound von „Sexbomb“ tanzte Marco Carolei ganz und gar nicht fromm von der Bühne
Und es erschien: Shirlee Sunflower, die kanariegelbe Versuchung oder vielmehr Heimsuchung aus Sydney, schräg, frech, unverschämt. Auf der Suche nach dem Vater ihres ungeborenen Kindes streifte sie durch die Publikumsreihen und entdeckte „Jürgen“. Hätte der Ärmste geahnt, daß er zum Running-Gag des Abends avancieren würde, hätte er wahrscheinlich die Flucht ergriffen. Doch ehe er es sich versah, stand der werdende Papa auf der Bühne, zusammen mit Volker und Florian, Shirlees Entdeckungen auf der Suche nach „two very attractive men of Moers“.
Das Trio fungierte kurzerhand als Backup-Dancers, gab Hilfestellung bei abstrusen Akrobatik-Tricks, stützte Shirlees gelbzottelig-gewandeten Po und mußte zuletzt gar Geburtshilfe leisten. Denn bei der ausgefallenen Turnerei blieb es nicht aus, daß die Fruchtblase platzte und Klein-Jürgen das Licht der Comedybühne erblickte: dem Papa wie aus dem Gesicht geschnitten; noch ein Miracolo! Für das Traumpaar des Festivals, Shirlee aus Sydney und Jürgen aus Moers, sollen bald die Hochzeitsglocken läuten. Die passende Musik könnte das Quartetto Euphoria besorgen, das virtuose Ensemble aus Italien, das Musik zum visuellen Erlebnis werden läßt und von der Klassik bis zum Pop den Bogen überspannt.
Oder das Teatro del Chiodo. In ihrer Kollektion musikalischer Sketche würzten Thomas Usteri (Viola) und Lorenzo Manetti aus dem Tessin (Klavier) klassisch-gekonntes Musizieren mit Spielwitz und Situationskomik. Mal ein bißchen bodenständig mit dem „Tango della rosa“, mal gelenkig im Kampf mit dem Notenständer. Sein Finalstück widmete das Duo „den Leuten, die lacht nicht“: ohne Gag, ohne Theater, nur die Musik, „mit einem Maximum an Intensität“.
Weniger auf Intensität denn auf Lautstärke setzte das international besetzte Trio „Billy Bob Buddha“, das mit seinem schrägen Mix aus arabischen Tönen, „Schwing“, Blues, Country Western und allem Möglichem für Stimmung sorgte. Das funktionierte nicht wirklich befriedigend, und so mußte Sänger Bob Arnava Wisser mit dem Hypnosesong der Schlange aus dem „Dschungelbuch“ nachhelfen – allerdings mit ähnlich mäßigem Erfolg wie Kaa bei Shir Khan.
Master of the Impossible
Daß es auf Lautstärke auch gar nicht ankommt, bewies Tomás Kubinek, der mit seiner ganz leisen Romantic Comedy die Moerser verzauberte. Als Professor Kubinek stellte der liebenswürdig-kauzige „Master of the Impossible“ Nonsense-Experimente vor – angefangen mit dem noch vergleichsweise harmlosen Eiertrick bis zur unglaublichen Akrobatiknummer, ein gefülltes Weinglas auf dem Kopf balancierend und Ukulele spielend einen Purzelbaum rückwärts zu turnen. Geht nicht? Von wegen!
Unter leisem Ächzen „Life is so difficult“ vollführte Tomás Kubinek die tollkühne Übung, als sei sie die normalste Sache der Welt. Und weil er dem „simple folk“ die Kultur der Welt nahe bringen will, bat er hernach Bernd, Harald, Karsten und Michael zum Ballett auf die Bühne. Plié und première position, kombiniert mit psychologischen Deutungen – das Publikum bog sich vor Lachen, und als der Kanadier schließlich kundtat „Ich bin ein Moerssser“, hatte er endgültig alle Herzen gewonnen. Standing ovations für den kleinen großen Star des Abends. Seine Zugabe widmete der Comedy-Meister Shirlee und Jürgen. Und die Frage „Wo ist Jürgennnn?“ wird wohl noch lange über den Kastellplatz schweben.
Comedy-Preis für Ennio Marchetto
Ennio Marchetto, der ungekrönte Star des Abends, erhielt übrigens am Rande des Festivals den diesjährigen Comedy-Preis „Henriette“. Marchetto und sein Papier-Kostümschneider Sosthen Hennekam erhielten die süße Nachbildung des Moerser Denkmals als Anerkennung für ihre Verdienste um das Genre, dem sie mit ihrer Papierkostüm-Comedy eine neue Stilrichtung hinzugefügt haben. Karl-Heinz Tenter, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse am Niederrhein, Werner Schrick, der künstlerische Leiter des Festivals, und Wenke Seidel, Geschäftsführerin der Volksschule am Südring, überreichten die Auszeichnung.
Seit über zehn Jahren verleihen Veranstalter und Hauptsponsor die 20 Zentimeter hohe Zuckerstatue an Künstler, die sich um die Comedy verdient gemacht haben. „Er ist ein Unikat“, würdigte Werner Schrick Ennio Marchettos Leistung. In seiner Show schlüpft der international gefeierte Italiener in bis zu 30 Rollen, in denen er Personen der Zeitgeschichte von Mona Lisa über den Musiker Eminem bis hin zum Papst durch ausdrucksstarke Gestik und Mimik imitiert.
8.8.2004Die Fotos vom Samstagabend beim Comedy Arts vermitteln einen Eindruck vom wechselvollen Programmbogen. Zum Vergrößern der Fotos einfach draufklicken.