Abschluß der 15. Universitätswochen / Podiumsdiskussion
MOERS. Die Brillen, durch die die Diskussionsteilnehmer blickten, waren durchaus unterschiedlich, aber in einem waren sich alle einig: Es gehe um den Patienten. Das Thema: „Unsere Gesundheitsversorgung – zwischen Hightech-Medizin und Unbezahlbarkeit?“ Die Podiumsdiskussion zum Abschluß der Universitätswochen in Moers, zu der erneut rund 230 Besucher in die Kundenhalle der Sparkassen-Hauptstelle gekommen waren, offenbarte viel Kritik am deutschen Gesundheitswesen, aber auch interessante Lösungsansätze zu dessen Genesung in einer Zeit, in der wieder höhere Krankenkassenbeiträge anstehen.
Während Dr. Edwin Smigielski vom Bundesministerium für Gesundheit das bestehende pluralistische Gesundheitssystem mit rund 400 Krankenkassen weitgehend verteidigte und auf eine gute Versorgung dank Ärzte- und Krankenhausdichte - gerade auch mit Blick auf andere Länder – abhob, beklagte Professor Dietrich Grönemeyer, bekannt als „Vater der Mikrotherapie“, daß medizinische Innovation in Deutschland oft 20 Jahre zu spät wirksam und die Gesundheitswirtschaft nicht als Boombranche der Zukunft erkannt und genutzt werde.
"Mehr Zeit, weniger Medikamente"
Moderator Bernd Müller (WDR) fragte Grönemeyer, ob nicht zwischen dessen propagierter liebevoller und menschlicher Behandlung in Sinne des Patienten und der Anwendung anonymer medizinischer High-Tech-Geräte ein Widerspruch bestünde. Dieser sah genau das Gegenteil: Man gewinne mehr Zeit und benötige weniger Medikamente.
Professor Stephan Störkel, der lange Zeit ärztlicher Direktor des Klinikums Wuppertal war, beklagte fatalen Personalabbau bei Schwestern und Ärzten in den Krankenhäusern. Er prognostizierte eine künftige Versorgungsmisere. Professor Störkel plädierte für verstärktes Qualitätsmanagement und interdisziplinären Gedankenaustausch. Eine Möglichkeit zu Kosteneinsparungen sah er im Abbau der unsinnigen Vielzahl von (über 40 000) Medikamenten in Deutschland.
Investitionen in die Forschung ersparen Folgekosten
Da stimmte ihm Smigielski zu: „Wir geben für Arzneimittel mehr aus als für die ambulante ärztliche Versorgung!“ Die Fokussierung auf den Patienten und die möglichst frühe Behandlung von Krankheiten, die im Alter durchaus absehbar seien, forderte Professor Alfons Fischer von der Duisburger Mercator-Universität. Sein Thema als Ingenieur ist u.a. die Erforschung neuer medizinischer Werkstoffe und Technologien, die mittelfristig Kosteneinsparungen zur Folge haben könnten. Wenn hier mehr in Forschung investiert würde, so Professor Fischer, könnten überproportional viele Folgekosten für das Gesundheitswesen eingespart werden.
Dr. Klaus Jacobs schließlich (Wissenschaftliches Institut der AOK in Bonn) plädierte für differenziertere Beiträge der Kassenpatienten entsprechend deren tatsächlicher Einkünfte, die oft im unklaren blieben. An die Adresse von Dr. Smigielski sagte Dr. Jacobs: „Die Politik muß die Beitragsbemessungsgrundlage für die gesetzlichen Krankenkassen erweitern, das brächte erhebliche Mittel.“
Professor Grönemeyer griff provokativ die These der Weiterbildung in der Ärzteschaft auf: „Die Forderung nach Weiterbildung muß aber auch für Krankenkassen und Ministerialbürokratie gelten!“ Die ewige Kostendiskussion verdecke , daß „Med. in Germany“ enorme wirtschaftliche Zukunftchancen habe.
Erfolgsstory der Universitätswochen wird fortgesetzt
Erneut griffen die Universitätswochen in Moers, eine seit 15 Jahren bestehende Gemeinschaftsveranstaltung der Duisburger Universität und der Sparkasse Moers, ein brisantes Thema auf, an dem viele Menschen Interesse zeigen. Das bewiesen nicht nur drei bis auf den letzten Platz gefüllte Abendveranstaltungen mit rund 700 Besuchern, sondern auch die lebhafte Diskussion diesmal. Hier ging es insbesondere um die strittige Frage: „Haben wir nun einen Ärzte- und Versorgungsnotstand zu befürchten, oder nicht?“
Professor Ingo Wolff, der Rektor der Universität Duisburg, nutzte die Gelegenheit, sich vom Moerser Auditorium zu verabschieden. „Meine Zeit als Rektor ist um, nur die Entscheidung der Landesregierung bezüglich der Fusion der beiden Universitäten Duisburg und Essen entscheidet, ob zum 1. Januar 2003 oder erst zum 23. März.“ Sparkassendirektor Hartmut Schulz kündigte zuletzt an, „die Erfolgstory der Universitätswochen im nächsten Jahr weiter zu schreiben.“ Dr. Klaus-G. Fischer, der bislang alle Veranstaltungen kompetent vorbereitet habe, arbeite bereits an dem Thema der 16. Universitätswochen in Moers, verriet Direktor Schulz.