Begeisterter Beifall für Mendelssohn-Oratorium
NIEDERRHEIN. Hohe Erwartungen waren geweckt, und selbst am Aufführungsort galt dieses Konzert als etwas ganz Besonderes: Veranstaltet von der Kulturstiftung Sparkasse Moers erklang im Xantener Dom Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium „Elias“. Das Werk um den großen Propheten des Alten Testaments erfuhr eine dramatisch gespannte Darstellung, denn der Dirigent Uwe Maibaum ließ zügige Tempi anschlagen. Die Kantorei der Duisburger Salvatorkirche bestätigte nun auch am linken Niederrhein ihre Vertrautheit mit diesem romantischen Oratorium. Kompetent begleitete die Konzertvereinigung Düsseldorf.
Dass es ein junger „Elias“ war, der die Zuhörer im Xantener Dom begeisterte, lag zum großen Teil an den vier Gesangssolisten, die in den vergangenen Jahren beim von der Sparkassenstiftung unterstützten „Moerser Musiksommer“ aufgefallen waren. Christopher Jung war zwar mit hellem Bariton ein eher lyrischer Elias, jedoch konnte er seinen Part mit der nötigen Autorität vortragen. Neben ihm ließ der Tenor Markus Schneider-Francke mit schöner Stimme und wohltuend unaufdringlicher Gestaltung keine Wünsche offen. Gerne hörte man auch das Duett der Frauenstimmen, das sich bald nach der Ouvertüre in harmonischer Übereinstimmung präsentierte: „Zion streckt ihre Hände aus“, hieß es in romantischem Wohllaut. Insgesamt deckten die beiden Solistinnen ein weit gespanntes Ausdrucksspektrum ab. Die Sopranistin Allison Oakes wusste ihre gesamte Vortragskunst in die anspruchsvolle Arie „Höre, Israel“ zu legen, die Mendelssohn für die „schwedische Nachtigall“ Jenny Lind geschrieben hatte. Die in Xanten gebürtige Mezzosopranistin Dorothe Ingenfeld beeindruckte ebenfalls mit sicher geführter Stimme und umfassender Charakterisierungskunst, wobei die Dramatik im Part der Königin nachhaltig aufhorchen ließ.
Es versteht sich von selbst, dass ein umfangreiches Oratorium wie Mendelssohns „Elias“ starke Kontraste in sich birgt. Sie wurden beim Konzert im Xantener Dom eindrucksvoll aufgezeigt. So nahm Mendelssohn prächtige Musik ebenso durch energischen Zugriff bei den handlungsrelevanten Teilen wie durch innige Schönheit bei den lyrischen Betrachtungen für sich ein. Dazu erwies sich der sicher auf seine umfangreichen Aufgabe vorbereitete Chor als eine zuverlässige Stütze des Oratorienkonzerts. Die Chorsätze waren stets souverän bewältigt, wobei man heftigen Akzentuierungen wie sentimentaler romantisierender Süße gleichermaßen aus dem Wege ging.
Bei einer eher nüchternen Darstellung konnte die Musik für sich selbst sprechen, denn Uwe Maibaum hatte auch seine Mitstreiter auf das Konzept eingeschworen, sich nicht über Gebühr in den Vordergrund zu drängen. Allerdings war es eine Aufführung, die eher auf Geradlinigkeit als auf Verfeinerung zielte, wie auch das Orchester häufig eine Spur zu spät einsetzte. Manche Details hätten sich im Zusammenwirken von Gesangssolisten, Chor und Orchester differenzierter ausloten lassen, und auch auf die Gegebenheiten der Xantener Kirchenakustik hatte man sich nicht hundertprozentig eingelassen.
Der Gesamteindruck fiel jedoch ausgesprochen positiv aus. Das vielleicht wichtigste romantische Oratorium überhaupt beeindruckte in einer niveauvollen Aufführung, wobei im ehrwürdigen Xantener Dom für einem denkbar atmosphärevollen Rahmen garantiert wurde. Deshalb gab es in vollständig besetzten Stuhl- und Bankreihen begeisterten Beifall für das umfangreiche Mendelssohn-Oratorium, das nur im zweiten Teil dezente Kürzungen erfuhr.
Michael Tegethoff