Abend mit Christian Behrens und Thomas Hunsmann
MOERS. Darauf muss man erstmal kommen: "Am Niederrhein ist immer Sommer", behaupten Christian Behrens und Thomas Hunsmann in ihrem neuen Buch. Diese und "andere Wahrheiten vom flachen Land" stellten beide mit Dias, Klaviermusik, Gesang und Lesung vor rund 150 Zuhörern in der Kundenhalle der Sparkasse Moers vor.
"Kleine Welten am Niederrhein", dritter Teil. "Nix Neues", bekannte Behrens freimütig, und genau dies wollten die Zuhörer hören, zumal sie es eigentlich nicht so recht glaubten. Und richtig: Selbstverständlich waren es neue Texte, neue Bilder, neue Lieder. Behrens/Hunsmann präsentierten zwar eben dies, was jeder vom "flachen Land" - diesmal zwischen Schwafheim und Issum - so kennt und liebt, aber mit diesen Details dann doch nicht; von derlei Geschichten, als "einst das Nashorn an den Rhein kam", sowieso abgesehen.
Kaum ein Platz frei
Dem neuem Programm zum neuen Buch (45 Seiten, Edition Aragon, 24,80 DM) folgten so viele Zuhörer, dass kaum ein Platz frei blieb; dies war bereits - man bedenke: an einem Mittwochabend! - ein großer Erfolg. Aber viele wussten auch, was sie erwarten durften: Kleinkunst der sympathischen Art aus den liebenswerten "Kleinen Welten". Sparkassendirektor Herbert Ackermann hatte bei der Begrüßung bereits eine „Entführung mit Phantasie und Makro-Objektiv“ angekündigt und schmunzelnd angemerkt: „Keine große Sache? Im Gegenteil!“
Behrens’ Welten sind so klein, dass jeder bemühte Hobbyfotograf bei den Motiven verzweifeln könnte: Libellen beim Liebesspiel, vier perfekt auf einem Acker choreografierte Hasen, Käfer beim Beginn einer akrobatischen Formation. Wie lange muss man eigentlich lauern und warten, bis einem das Foto eine Bisamratten-Pärchens in trauter Zweisamkeit gelingt? Die Texte spinnen diese Motive weiter, mal skurril, mal philosophisch, allemal lesens- und an diesem Abend hörenswert.
Wenn es lyrisch wird bei Behrens, reimt es sich. Es handelt sich demnach nach landläufiger Meinung um Gedichte im engeren Sinne. Es sind Blumen-, Nacht- und Mond-, Geister- und vor allem Liebesgedichte, und ab und zu lugt der Tod um die Ecke, aber wer jetzt glaubt, hier bediene sich jemand in der romantischen Poetik-Kiste, der verkennt die Unterschiede: "Die Nacht ist jung und ich liebe dich" - das ist echt romantisch, aber die Fortsetzung, gleichsam die Pointe "Wer weiß wie lang" weist schon mehr in die abgeklärt-heutige Richtung, und ein Vers wie "Noch hat die Sehnsucht nichts zu tun" ist endgültig, bei gleichem Metrum, jenseits von Eichendorff und sogar Heine.
Hintergründig, heiter
So weit, so hervorragend und auch aus den Vorgänger-Programmen und -Büchern vertraut und lieb geworden. Etwas aber war anders; an der Reaktion des Publikums konnte man es erkennen: Bilder, Texte, auch die Musik luden oft weniger zur schieren Belustigung, eher zur Meditation ein, und prompt vergaßen die Zuhörer, nach einer "Nummer" zu klatschen. Machte aber nichts, sie holten dies nach bei den hintergründig-heiteren Liedern. Manchmal machten Behrens und Hunsmann auch - und das waren nicht die abwegigsten Einlagen - nur Quatsch. Oder sie erteilten kulinarische Lebenshilfe mit "Kartoffeln & Endivien durcheinander für ungefähr 100 Personen".
Im Buch finden sich auch die Noten zu den Liedern. Wer will, kann also daheim die gute alte Hausmusik-Tradition wiederbeleben. Keine unnötige Sorge übrigens, dass man sich überfordern könnte: Christian Behrens hat die Lieder auch gesungen, öffentlich und mit soviel Erfolg, dass Zugaben erwünscht waren, und damit, so würde er selber sagen, kann es wirklich jeder. Voraussetzung, man hat ein solch sonniges und sommerliches Gemüt wie Christian Behrens und Thomas Hunsmann.