Harald Schönherr berichtet vom Anlagemarkt
NIEDERRHEIN. Stellen Sie sich vor, Sie legen Ihr gesamtes Geld längerfristig an, weil man bei Anlagen mit langer Laufzeit in der Regel höhere Zinsen bekommt. Dann geht plötzlich Ihr Auto oder Ihre Waschmaschine kaputt, oder im besseren Fall heiratet Ihr Kind ganz unverhofft und Sie möchten dem jungen Paar ein schönes und großzügiges Geschenk machen. In so einem Fall brauchen Sie flüssige Mittel. Wenn Sie jedoch alles langfristig angelegt haben, haben Sie jetzt ein Problem.
Daher ist es wichtig, immer etwas an frei verfügbaren Geldmitteln zu haben. Der Sparstrumpf ist dabei nicht die alleinige Alternative, zumal dieser ja keine große Rendite bringt. Etwas besser angelegt ist die kurzfristig verfügbare Liquidität auf einem täglich verfügbaren und verzinsten sogenannten Geldmarktkonto oder in einem Geldmarktfonds. Damit wird dem Kompromiss aus kurzfristiger Flexibilität und Rendite besser Rechnung getragen. Und schon befinden wir uns mitten in den Geldmärkten, womit Anlagen bis zu einem Jahr gemeint sind.
Geld hat seinen Preis
Nicht nur Privatanleger, sondern auch Unternehmen und Banken haben Überschüsse oder Bedarf an Geldmitteln. Um kurzfristig größere Summen anzulegen oder auszuleihen, nutzen Banken und Unternehmen die Geldmärkte, an denen sie die Hauptakteure sind. Somit sind Geldmärkte nichts anderes, als Märkte für kurzfristige Kredite. Wer steuert nun die Geldversorgung an den Geldmärkten? Sie liegt in den Händen der Zentralbanken.
In der Europäischen Währungsunion übernimmt die Europäische Zentralbank (EZB) diese Aufgabe. Die Geldversorgung wird von der EZB in erster Linie über den Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) gesteuert. Steigt der Leitzins, dann steigt in der Regel auch die Rendite an den Geldmärkten. Senkt hingegen die EZB den Leitzins, wird die Geldmarktanlage unattraktiver. Zurzeit ist der Zins auf einem historisch niedrigen Niveau.
Sieht eine Bank den Bedarf erhöhter Liquiditätsvorsorge, beispielsweise in Krisenzeiten, wird sie eine geringe Bereitschaft haben, am Geldmarkt Geld zu verleihen. Vielmehr wird sie zugleich deutlich höhere Zinsen bieten als die Notenbank dies vorgibt, um selbst Kapital zu erhalten. Es gilt der Leitspruch: Geld hat einen bonitätsabhängigen Preis.
Auch Geld parken kostet Geld
Wer sich also erst in drei Monaten ein Auto kaufen will oder sein Geld kurzfristig für andere Zwecke benötigt, dem bietet der Geldmarkt derzeit eine schöne Parkmöglichkeit. Zumal der Anleger bereits heute weiß, dass in drei Monaten auch noch eine Tankfüllung zusätzlich drin sein kann. Während bei schwankungsanfälligen Anlagen vorab nicht feststeht, ob es in drei Monaten zu zwei Autos oder nur zum Motorroller reicht, bietet die Geldmarktanlage genau diese Sicherheit.
Eine gängige Faustregel, wie viel Geld für kurzfristig zu finanzierende Zwecke angelegt werden soll, besagt, dass drei Nettomonatsgehälter eine angemessene persönliche Liquiditätsreserve darstellen. Es ist aber offenkundig, dass insbesondere in unsichereren Zeiten viel mehr Geld am Geldmarkt angelegt ist, als tatsächlich kurzfristig benötigt wird. Es wird dort quasi geparkt, bis sich die Anlageperspektiven aufgehellt haben und man wieder bereit ist, neu zu investieren.
Dabei gilt es aber immer zu beachten, dass auch das Parken von Geld eben jenes kostet – nicht anders als im Parkhaus. Die Kosten hängen von dem Volumen der Geldmarktanlagen, also der Anzahl der benutzten Parkplätze, und der Anlagedauer, sprich: der Parkzeit, ab. Experten sprechen hierbei nicht von Kosten, sondern vom Renditeverzicht gegenüber anderen Anlageformen wie Staatsanleihen oder Aktien. Darum sei kritisch geprüft, wie viel Geld wirklich kurzfristig verfügbar sein muss, damit man nicht mit zu vielen Autos im Parkhaus steht. Der Geldmarkt ist und bleibt etwas für Kurzparker.
(Autor Harald Schönherr ist Anlageexperte bei der Sparkasse am Niederrhein. Diese Information dient Werbezwecken. Sie genügt nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Finanz-analysen und führt nicht zu einem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung von Finanzanalysen. Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen, die die Sparkasse am Niederrhein für zuverlässig hält. Eine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. Keine Aussage in dieser Veröffentlichung ist als solche Garantie zu verstehen. Die Sparkasse am Niederrhein übernimmt keinerlei Haftung für die Verwendung dieser Publikation oder deren Inhalt.)
29.7.2009