Anfrage der RP-Moers zum Zeit-Artikel vom 26. März 2009
NIEDERRHEIN. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ zeichnet auf der Titelseite ihrer Ausgabe vom 26. März ein düsteres Bild der deutschen Sparkassen: „Sie waren die Helden der Krise – jetzt müssen die ersten Sparkassen gestützt werden. Und die großen Verluste durch Kreditausfälle kommen erst noch“, steht da beispielsweise.
Vielerorts hat die düstere Berichterstattung für Verunsicherung unter Mitarbeitern und Kunden von Sparkassen gesorgt. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hat bereits in einer deutlichen Stellungnahme auf die „falschen und ehrenrührigen“ Aussagen der „Zeit“ reagiert. Dr. Heribert Brinkmann, Redakteur der Rheinischen Post in Moers, fragte nun bei der Sparkasse am Niederrhein nach, wie es denn um sie stehe. Lesen Sie hier alle Fragen und alle Antworten. (Unter diesem Artikel finden Sie den Link zu dem ganzen Zeit-Bericht.)
1) Gehört die Sparkasse am Niederrhein zu den drei Dutzend Sparkassen in Deutschland, die vom Warnsystem erfasst sind?
Nein, die Sparkasse am Niederrhein steht solide da. Die Behauptung der „Zeit“, ein Drittel aller Sparkassen stehe mit dem Rücken zur Wand, ist ehrenrührig und falsch. Während in der Krise Banken zusammengebrochen sind und viele Privatkunden ihr Geld verloren haben, erzielten die Sparkassen im Jahr 2008 zusammen ein Betriebsergebnis von 8,8 Milliarden Euro. Die 438 deutschen Sparkassen haben insgesamt 1,1 Milliarden Euro Ertragssteuer gezahlt. Damit gehören die Sparkassen zu den wenigen Kreditinstituten, die in derartiger Größenordnung Gewinne erzielen.
2) Gibt es einen Rückgang/eine Einschränkung bei der Bewilligung von Firmenkrediten?
Im Gegenteil: 2008 haben wir das Kreditvolumen an Firmenkunden im Vergleich zum Vorjahr um 46 Millionen Euro auf 122 Millionen Euro steigern können. Die durchschnittliche Kreditsumme lag bei rund 250.000 Euro, was eindeutig in den Mittelstand verweist. Das Gespenst Kreditklemme gibt es bei der Sparkasse am Niederrhein nicht.
3) Sind bereits (oder erwarten Sie) Auto-Kredite geplatzt?
Wir haben in den Jahren 2007 und 2008 jeweils rund 150 Autokreditverträge, die über die Deutsche Leasing laufen, mit unseren Kunden abgeschlossen. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf rund 3,7 Millionen Euro. Diese Verträge werden alle ordnungsgemäß bedient. Wir wissen von keinen geplatzten Verträgen.
4) Wickelt Bad Homburger Inkasso Fälle für die Sparkasse am Niederrhein ab?
Ja, es gibt Darlehensverträge, die wir an die 100-prozentige Sparkassentochter Bad Homburger Inkasso (BHI) weitergegeben haben. Es handelt sich dabei ausschließlich um private Konsumentenkredite, für die die Kunden trotz mehrfacher Gespräche oder Aufforderungen keine Raten mehr bezahlt haben. Die BHI bleibt weiter mit den Kunden im Gespräch und erspart uns einen großen Verwaltungsaufwand.
5) Erwarten Sie im Herbst (Ende der Kurzarbeit bei Betrieben) bei Ihren Privatkunden Probleme?
Es wird sicher einige Kunden geben, die von den Folgen der Wirtschaftskrise betroffen sein werden. Das wird aber keinen Umfang annehmen, der uns in Bedrängnis bringen könnte. Die Stärke der Sparkasse liegt gerade darin, dass wir unsere Kunden ganzheitlich beraten. Unsere Geschäftspraxis besteht nicht darin, ihnen unabhängig von ihrer finanziellen Gesamtsituation Kredite zu verkaufen, wie es einige private Geschäftsbanken tun und ihre Kunden damit in Notlagen bringen. Und genau deshalb erwarten wir keine besonders gravierenden Auswirkungen. Kunden, die in einen finanziellen Engpass kommen, sollten in jedem Fall frühzeitig das Gespräch mit uns suchen, damit wir gemeinsam nach Auswegen suchen.
6) Musste die Sparkasse Papiere von Lehman oder isländischen Banken abschreiben?
Nein, wir hatten glücklicherweise keine im Bestand. Bei den guten Ratings, die die Banken vor der Krise hatten, wäre es durchaus denkbar gewesen. Aber wir hatten keine.
7) Bilanziert die Sparkasse nach HGB oder IFRS?
Wir bilanzieren, wie der größte Teil der deutschen Sparkassen, nach dem Handelsgesetzbuch. Das HGB ist ein Garant für kaufmännische Sorgfalt und bietet den Kontrollinstanzen eine hohe Transparenz.
8) Ist die Entwicklung der WestLB für die Sparkasse gefährlich? Wann könnte sie es werden?
Es wird nun natürlich viel davon abhängen, was mit der WestLB in der Zukunft passiert. Unsere Landesbank hat sehr solide Unternehmensbereiche, in denen gute Arbeit geleistet wird. Das kann man schon daran erkennen, dass die WestLB im Geschäftsjahr 2008 schwarze Zahlen geschrieben hat. Die bekannten Risiken, die die WestLB in den Büchern hat, sind damit natürlich nicht wegzudiskutieren. Doch hier wird es wesentlich darauf ankommen, welche Rolle der Sonderfonds der Bundesregierung spielen wird und will. Es kann meines Erachtens nicht sein, dass Steuergelder zur Stützung von privaten Geschäftsbanken verwandt werden, ohne auch die Landesbanken mit unter diesen Schirm zu nehmen, wenn es notwendig sein sollte. Wo bliebe sonst die von der EU geforderte Wettbewerbsgleichheit? Wir erwarten jedenfalls keine extreme Belastung mehr durch die WestLB
9) Wie sieht die Eigenkapitaldeckung für die Sparkasse am Niederrhein aus?
Unsere Kernkapitalquote liegt aktuell bei 8,87 Prozent. Damit liegen wir über dem Verbandsdurchschnitt der 34 Sparkassen im Rheinland (8,4 Prozent) und weit jenseits der verpflichtenden Mindestquote von vier Prozent. Die Höhe unseres Eigenkapitals liegt bei rund 143 Millionen Euro, was man übrigens auch bei wikipedia nachlesen kann.
10) Wann könnte eine Entwicklung wie bei der SK Südholstein eintreten?
Wie wir selbst der Presse entnommen haben, hat die Eigenkapitalquote der Sparkasse Südholstein unter erheblichen Belastungen durch faule Kredite, Fehlspekulationen und Verluste durch die Landesbank gelitten. Eine Reihe von Umständen also, deren Verkettung das Haus in eine Krise manövriert hat. Eine solche Situation können wir für die Sparkasse am Niederrhein absolut ausschließen. Und für die Sparkasse Südholstein gilt das, was für alle 438 Sparkassen in Deutschland gilt. Sie steht mit ihren Problemen nicht allein, weil die Sparkassen-Finanzgruppe insgesamt über genügend Sicherungseinrichtungen verfügt, um in Not geratenen Kollegen zu helfen.
31.3.2009