Klavierfestival Ruhr: zeitgenössische Musik im Martinsstift

Steffen Schleiermacher nahm die Zuhörer mit auf einen spannungsgeladenen Ausflug in die Moderne. Beim Konzert im Martinstift gewann er das Publikum mit Persönlichkeit und intensivem Spiel.

MOERS. „Exotik contra strenges Kalkül“ – unter diesem Motto stand das zweite Moerser Konzert im Rahmen des Klavier-Festivals Ruhr. Steffen Schleiermacher präsentierte im Martinstift ein Programm mit Werken von Karlheinz Stockhausen, John Cage, Olivier Messiaen, Giacinto Scelsi und anderen. Der 1960 in Halle geborene Pianist und Komponist, ausgebildet an der Musikhochschule in Leipzig sowie der Akademie der Künste in Berlin, gilt als international renommierter Spezialist für zeitgenössische Musik. Viele Zuhörer waren in Erwartung schwerer Kost etwas skeptisch in den Kammermusiksaal gekommen, doch Steffen Schleiermacher gelang es schnell, die Bedenken zu zerstreuen.

Bereit für Stockhausen und Cage

Zum Auftakt spielte er „Lila“, eine Eigenkomposition, welche er dem Publikum vorab gut gelaunt erklärte: „Es hat nichts mit der Farbe Lila zu tun.“ Vielmehr sei das Stück als Auftragskomposition eines Veranstalters entstanden, der bestellt hatte: „Mach doch mal irgendwas mit Indien.“ Nun sei Indien nicht gerade das Land des Klaviers, und daher habe er das Klavier „überreden müssen“, einen Dauerton zu erzeugen. Die Besucher, darunter die Sparkassendirektoren Franz-Josef Stiel, Frank-Rainer Laake, Giovanni Malaponti und Bernhard Uppenkamp, freuten sich über so viel Hintergrundinformationen. Danach war die Stimmung im Saal deutlich aufgelockert und das Publikum bereit für Karlheinz Stockhausen und John Cage, die beiden „Schreckgespenster bürgerlicher Konzertbesucher“, so Schleiermacher.

Ungewohnte Klänge vertraut machen

Steffen Schleiermacher kennt deren Musik nicht nur, er lebt sie, spielt sie so intensiv und überzeugend, dass das Publikum vom Spannungsfeld der Töne fasziniert war. „Erstaunlich kraftvoll gespielt und sehr sympathisch kommentiert. So wird moderne Musik auch für Laien interessant“, lobte Sparkassendirektor Bernhard Uppenkamp in der Pause. Das Publikum nutze die Unterbrechung, um sehr angeregt über das Musikerlebnis zu diskutieren. „Schön, dass die meisten geblieben sind“, freute sich Steffen Schleiermacher, bevor er mit Scelsis Suite Nr. 8 voller Elan in das furiose Finale einstieg. Stürmischer Applaus belohnte den Wegbegleiter für diesen Ausflug in die Moderne. Dem Künstler war es gelungen, ungewohnte Klänge vertrauter zu machen.

24.7.2008