Heinz van de Linde las aus seinen Kindheitserinnerungen

Heinz van de Linde las in der Sparkasse in Orsoy vor rund 70 Zuhörern aus seinem Buch "Die unendlich lange Egerstraße".

RHEINBERG-ORSOY. An Gerüche kann man sich erinnern. Das bewies Heinz van de Linde, Jahrgang 1940, jetzt bei einer Lesung in der Geschäftsstelle der Sparkasse in Orsoy. In seinem Buch „Die unendlich lange Egerstraße“ erzählt der gebürtige Orsoyer von seiner Kindheit in den 50er-Jahren. Unter zustimmendem Nicken der rund 70 Zuhörer berichtete van de Linde von offenen Türen, Abenteuern am Kuhteich, Badetagen am Rhein und von „Draußenmenschen“.

„Die Imgrunds saßen immer draußen, alle sechs, Vater, Mutter und die vier Kinder. Die Vorbeigehenden wurden begrüßt, man grüßte zurück.“ Heinz van de Linde beschwört in seinem autobiographischen Buch eine Zeit, an die sich die überwiegend älteren Besucher an diesem Abend gerne erinnern ließen. Jeder von ihnen kannte den alten Apotheker, der immer so furchteinflößend über seine Brille hinwegsah. Und sie erinnerten sich spontan an die Gerüche, die Feldenträgers Tabakhandel, Kleintjes Tankstelle und Giesens Lebensmittelgeschäft entströmten.

Kohlen von der Werft

Alle wußten, zumindest aus Erzählungen, daß die Erwachsenen unmittelbar nach dem Krieg nachts manchmal schwarze Hände bekamen. Heinz van de Linde: „Einmal wachte ich auf, als mein Vater und meine Mutter mit einem Sack voller Kohlen nach Hause kamen.“ Wie viele Orsoyer, sorgte sich auch das Schusterehepaar van de Linde um das Überleben der Familie. Nächtliche und gemeinschaftliche Beutezüge zur nahegelegenen Werft stärkten zudem die Solidarität im Ort.

Jeden Namen und jedes Detail seiner Kindheit brachte van de Linde wie ein kleines Geheimnis mit beschwörender Kraft hervor. Lautes Lachen, leises Schmunzeln und immer wieder zustimmendes Nicken signalisierten ihm während der rund eineinhalbstündigen Lesung, daß seine eigenen Erinnerungen auch in vielen Orsoyern noch sehr lebendig sind.

Damit sie das auch bleiben, kaufte die Sparkassenkulturstiftung Rheinberg 100 Exemplare für die örtliche Grundschule. Franz-Josef Stiel, Vorstandsmitglied der Sparkasse am Niederrhein: „Das Buch ist orsoyspezifisch, und dennoch meine ich, gab und gibt es viele vergleichbare kleine Städte und viele Egerstraßen auf dieser Welt.“ Das Buch „Die unendlich lange Egerstraße“ ist im Verlag Books on Demand erschienen und kostet 6,80 Euro.

10.2.2006