Germanistin Dr. Doris Maurer referierte in Neukirchen

Die Germanistin Dr. Doris Maurer zeichnete im Mehrzweckraum der Sparkasse in Neukirchen ein lebendiges Bild des Dichters Friedrich von Schiller.

NEUKIRCHEN-VLUYN. „Denn er war unser“, schrieb Goethe nach dem Tod seines Freundes Schiller im Epilog zur Glocke. 200 Jahre später gibt es offensichtlich weit mehr als einen Schiller. „Heute gibt es den Schiller der Schulaufsätze, den Schiller der Zitate, den Revolutionär, Historiker und Freiheitsdichter Schiller“, sagt die Germanistin Dr. Doris Maurer. Hans Fabricius, Mitglied des Deutschen Reichstages, schrieb 1932 sogar ein Buch mit dem Titel „Schiller als Kampfgenosse Hitlers“. Bei ihren Recherchen näherte sich Dr. Maurer dem Dichter wissenschaftlich solide und ohne Scheu, bei aller Wertschätzung auch ganz deutlich seine menschlichen und künstlerischen Schwächen zu benennen.

Keine Unbekannte

Im Mehrzweckraum der Sparkasse in Neukirchen folgten jetzt rund 25 Zuhörer ihrem Vortrag mit dem Titel „Eine Annäherung an Friedrich von Schiller“. Eingeladen hatten neben der Sparkasse die Stadtbücherei und deren Förderverein. Vorstand Bernhard Uppenkamp: „Wir werden an der schönen Tradition festhalten, eine Veranstaltung pro Halbjahr anzubieten.“ Dr. Klaus-G. Fischer, Geschäftsführer des Fördervereins, ergänzte: „Frau Dr. Maurer ist in der Reihe unserer Veranstaltungen hier keine Unbekannte.“ Zum 250. Geburtstag Goethes im Jahr 1999 hatte sie an gleicher Stelle „Die Frauen um Goethe“ näher beschrieben.

„Es wäre anmaßend, Ihnen ein vollkommenes Bild von Schiller zu bieten“, sagte Dr. Maurer eingangs. Er sei ein Spieler gewesen, habe stets Schulden gehabt und oft zuviel getrunken. Zudem sei insbesondere sein Erstlingswerk „Die Räuber“ künstlerisch unvollkommen. Gleichwohl habe sich in seiner Sprache, „die Sprache der von der Gesellschaft angeekelten Jugend“, eine enorme Sprengkraft erhalten. Das, so belegte die promovierte Germanistin, betreffe allerdings nur seine geschriebene Sprache. Dr. Maurer: „Wenn Schiller seine Texte selber vortrug, muß es zum Davonlaufen gewesen sein.“ Darüber sind Aussagen des Mannheimer Schauspielers Iffland erhalten. Iffland schildert Schillers breiteste schwäbische Mundart und seinen Hang, sich deklamatorisch zu überschreien.

Bei der Arbeit laut gelacht

Zugleich sei Schiller ein empfindsamer Mensch mit einem tiefen Verständnis von Freundschaft gewesen. Sechs Jahre litt er unter der abweisenden Haltung Goethes, erst ab 1794 entwickelte sich ihre zuletzt intensive Freundschaft. Anschaulich erzählte Dr. Maurer von ihren Eindrücken im Nationalarchiv in Weimar: „Als ich einen Bogen der Xenien, an denen Goethe und Schiller gemeinsam gearbeitet haben, in den Händen hielt, konnte ich mir lebhaft vorstellen, wie sie sich gegenseitig über die Schulter geschaut und dabei unendlich gelacht haben.“ Für das laute Gelächter bei der gemeinsamen Arbeit an den Spottgedichten auf zeitgenössische Schriftsteller führte Dr. Maurer Notizen von Augenzeugen an.

Nach rund zwei Stunden stand vor den Zuhörer ein lebendiges Bild Friedrich von Schillers. Sein viele Jahre währender Kampf gegen den eigenen Körper, von einer Lungenentzündung und einer eitrigen Erkrankung des Zwerchfells erholte er sich nie, endete am 9. Mai 1805. Dr. Maurer: “Er muß die letzten 14 Jahre seines Lebens ungeheure Schmerzen gehabt haben, die er mit immer höheren Dosen von Opium, Morphium und Alkohol bekämpfte.“

Schiller habe fest daran geglaubt, daß Schönheit und Kunst Macht über den Tod ausüben könnten. Seine philosophischen Schriften, aber vor allem seine Dramen und Balladen geben darüber genaue Auskunft. Dr. Maurers Fazit: „Wir sollten uns daher anläßlich seines 200. Todestages wieder auf den Dichter Schiller besinnen und ihn wieder lesen, denn er ist ungeheuer brisant!“

21.9.2005

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