Interview mit Sparkassendirektor Karl-Heinz Tenter

Sparkassendirektor Karl-Heinz Tenter: "Unser Wettbewerbsvorteil ist, daß wir als Sparkassen-Finanzgruppe fast 50 Millionen Privatkunden betreuen."

NIEDERRHEIN. Für die öffentlich-rechtlichen Sparkassen fiel aufgrund einer Entscheidung der Europäischen Union am 18. Juli 2005 die sogenannte Gewährträgerhaftung weg. Das bedeutet unter anderem, daß Kommunen und Kreise nicht mehr für Verbindlichkeiten einer Sparkasse eintreten, wenn diese zahlungsunfähig werden sollte. Dazu ein Interview mit Karl-Heinz Tenter, dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse am Niederrhein.

Herr Tenter, müssen Kunden der Sparkasse nun um die Sicherheit ihrer Einlagen fürchten?

Karl-Heinz Tenter: Natürlich muß sich kein Kunde Sorgen um sein Geld machen. In den weit mehr als 150 Jahren, in denen die Sparkasse am Niederrhein und ihre Vorgängerinstitute existieren, gab es noch kein einziges Mal den Fall, daß eine Gemeinde, eine Stadt oder der Kreis finanziell in die Bresche springen mußte. Und das erwarten wir auch zukünftig nicht, da der seit Jahrzehnten bestehende Haftungsfonds der Sparkassen-Finanzgruppe, den wir jetzt auf 4,2 Milliarden Euro aufgestockt haben, ein Höchstmaß an Schutz für unsere Kunden bietet. Für uns ist die in Brüssel gefällte Entscheidung daher unbedeutend, sie ändert nichts an unserer verläßlichen Geschäftspolitik. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) hat die Sparkassen erst kürzlich als den stabilsten Bankensektor bewertet.

Welche Auswirkungen hat der Wegfall der gesetzlichen Haftung auf die Spendenvergabe an Vereine und auf die Sozial- und Kulturstiftungen der Sparkasse?

Karl-Heinz Tenter: Unsere jährlichen Spendenvergaben betrifft die Neuregelung ebenso wenig wie die bestehenden Stiftungen. Ganz wichtig ist, daß der öffentlich-rechtliche Status der Sparkassen durch die EU-Entscheidung gar nicht berührt ist. Im Gegenteil: Sie unterstreicht die Unverzichtbarkeit öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute. Im Unterschied zu den privaten Geschäftsbanken haben wir als Sparkasse einen öffentlichen, im Gesetz formulierten Auftrag zu erfüllen. Unsere Geschäftspolitik basiert auf dem Prinzip, die in unserer Region erzielten Gewinne im Sinne des Gemeinwohles und einer nachhaltigen Wirtschaftsförderung einzusetzen. Das macht einmal mehr deutlich, daß eine Privatisierung der Sparkassen negative Auswirkungen auf die Region haben würde.

Im Zusammenhang mit der Abschaffung der Gewährträgerhaftung ist den Sparkassen der Vorwurf gemacht worden, sie hätten dadurch Wettbewerbsvorteile gehabt. Werden Sie es nun schwerer haben, im Markt zu bestehen?

Karl-Heinz Tenter: Dieser Vorwurf war und ist absurd. Unser „Wettbewerbsvorteil“ ist, daß wir als Sparkassen-Finanzgruppe fast 50 Millionen Privatkunden betreuen, damit sind wir die größte Finanzgruppe der Welt. Diese Stärke haben wir uns selbst erarbeitet. Sie resultiert aus unserer Präsenz und unserer Beratungsqualität vor Ort. Und genau diesen Marktvorteil gegenüber den Mitbewerbern werden wir halten und ausbauen.

14.7.2005

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