Buch und Ausstellung zum Kriegsende in Rheinberg
Blick in Rheinberger Schulchroniken und Tagebücher aus dem Jahr 1945, v.l.n.r..: Sparkassenvorstand Franz-Josef Stiel, Pastor Wolfgang Schmitz, Ralf Keusemann, Sabine Sweetsir, Heiner Morsch, Bürgermeister Hans-Theo Mennicken und Dr. Ralph Trost.Aufräumarbeiten an der Kamper Straße nach dem Bombenangriff vom 28.02.1945
RHEINBERG. Sechs Tage dauerte im März 1945 die Eroberung Rheinbergs und der heute zur Stadt gehörenden Orte durch die alliierten Armeen. „Rheinberg wächst in den letzten Kriegstagen in jeglicher Hinsicht eine besondere Bedeutung zu“, sagt Dr. Ralph Trost. Der Historiker trägt derzeit aus dem Stadtarchiv sowie aus Dokumenten und Erinnerungen von Zeitzeugen Informationen aus der Zeit des Nationalsozialismus und des Krieges zusammen. Mit finanzieller Unterstützung der Sparkassenkulturstiftung Rheinberg und der Sparkasse am Niederrhein wird daraus bis zum Herbst ein Geschichtsbuch.
Buch soll zum Lesen einladen
Bürgermeister Hans-Theo Mennicken betonte in einem Pressegespräch im Stadthaus: „Das Buch soll zum Lesen einladen und die Erinnerung an diese schlimme Zeit wach halten.“ Ralf Keusemann und Heiner Morsch, beide Lehrer an der örtlichen Hauptschule, berichteten, daß das Interesse der Schüler an historischen Ereignissen wachse, „wenn sie erfahren, daß Geschichte nicht irgendwo, sondern bei ihnen zuhause Wirklichkeit war.“ Insbesondere der wiederholte Unterrichtsbesuch von Zeitzeugen habe dies immer wieder gezeigt.
Ab 11. April sind in einer Ausstellung in der Kundenhalle der Sparkasse an der Bahnhofstraße rund 40 zeitgenössische Fotos und Gegenstände aus den Kriegsjahren zu sehen. Sabine Sweetsir, Leiterin des Stadtarchivs: „Wir werden eigens für die Schulen Führungen durch die Ausstellung und die Stadt anbieten, um das gesamte Projekt zum Kriegsende in Rheinberg auch pädagogisch zu begleiten." Die katholischen Gemeinden St. Peter und St. Anna sowie die evangelische Kirche laden zum Gedenken an das Ende des Krieges am 8. Mai 1945 zu verschiedenen Andachten und Gottesdiensten ein. Die zentrale Veranstaltung ist ein Ökumenisches Abendgebet am Sonntag, 8. Mai, um 17 Uhr in der katholischen Kirche St. Peter. Pastor Wolfgang Schmitz: „In den Herbstferien wollen wir zudem mit Firmlingen nach Weimar fahren und die Gedenkstätte Buchenwald besuchen.“
Rheinbergs Glück: gesprengte Dämme
Als Reiselektüre können die Schüler der Klassen neun und zehn dann voraussichtlich schon das Buch von Dr. Trost mitnehmen, dessen Titel noch nicht feststeht. Ralph Trost, der im Rahmen seiner Dissertation bereits ein umfangreiches Geschichtswerk zu Krieg und Nachkriegszeit in Xanten geschrieben hat: „Möglicherweise wird es ein Zitat aus den Schulchroniken oder Tagebüchern sein.“ Die über die Presse erfolgte Einladung an Zeitzeugen, mit Fotos und eigenen Aufzeichnungen oder Erinnerungen zu dem Buchprojekt beizutragen, sei bislang sehr fruchtbar gewesen, so Dr. Trost.
Einige interessante Ergebnisse seiner Recherchen gab Dr. Trost bereits vorab bekannt: „Rheinberg ist im Zuge der Eroberung im Vergleich zu benachbarten Städten wie etwa Dinslaken nur wenig zerstört worden.“ Rheinbergs Glück, so der Historiker, sei gewesen, daß der Vormarsch der 9. US-Armee durch verschiedene gesprengte Dämme verzögert worden sei. In den letzten Kriegstagen am Niederrhein wurde Rheinberg zu einem Schnittpunkt verschiedener alliierter Vorstöße. Dr. Trost: „Kanadische, englische und amerikanische Truppen rückten über Belgien und Holland vor.“ Orsoy wurde am 4. März, Rheinberg in der Nacht vom 5. auf den 6. März, Budberg am 6. März, Millingen am 7. März, die Solvay am 8. März und Borth am 10. März 1945 erobert.
3. März 2005