Erika Pluhar las in der Kundenhalle der Sparkasse Moers
MOERS. Erika Pluar ist ein Multitalent: Als Schauspielerin, Regisseurin, Musikerin, Sängerin und Bestsellerautorin demonstriert die Wienerin ihre künstlerische Vielfalt immer wieder aufs Neue. In einer von der Sparkasse Moers in Zusammenarbeit mit der Moerser Gesellschaft zur Förderung des literarischen Lebens initiierten Lesung stellte die langjährige Burgtheater-Schauspielerin vor rund 150 Zuhörern in der Kundenhalle des Kreditinstitutes ihren Roman „Die Wahl“ vor.
Immer wieder wird in den Büchern von Erika Pluhar der autobiographische Hintergrund gesucht. Dabei, so sagt sie, sei sie doch ein „Freund des Erfindens“. Doch dieser Roman ist tatsächlich „in seiner Basis autobiographisch, seine Grundidee der Autobiographie entnommen“. Thema in Erika Pluhars neuem Buch ist die Politik, eingewoben in die Geschichte zweier Frauen. Charlotte Wohlig, eine Frau um die sechzig, ehemalige Schauspielerin und eine geachtete Persönlichkeit ihres Landes, wird von dessen allein regierender sozialdemokratischer Partei aufgefordert, als Bundespräsidentin zu kandidieren – ein Angebot übrigens, das Erika Pluhar selbst vor einigen Jahren abgelehnt hat.
Liebesfähigkeit einer reifen Frau.
Nach vielen Gesprächen mit der Tochter Klara, die seit einem Unfall in der Kindheit auf den Rollstuhl angewiesen ist, beschließt Charlotte, sich der Herausforderung zu stellen - unter einer Bedingung: "Daß ich stets bei meiner eigenen Meinung und Überzeugung bleiben müßte.“ Gleichzeitig zu dem öffentlichen Sich-Behaupten-Müssen geht es um eine ungewöhnliche Mutter-Tochter-Beziehung, um eine neue Liebe in Charlottes Leben und die daraus erwachsende Verstrickung, um die Wahl des Mannes zwischen Macht und Lebenswahrhaftigkeit und die Liebesfähigkeit einer reifen Frau.
Mit ihrer unvergleichlich warmen und tiefen Stimme las Erika Pluhar in der voll besetzten Kundenhalle ausgewählte Ausschnitte aus dem Buch: Gespräche zwischen Charlotte und Klara und fiktive Ansprachen an die Öffentlichkeit, die Einstellungen der Autorin zur Politik, aber auch zu Lebens- und Liebensfragen durchscheinen lassen. „Wie begegnen wir dem Terrorismus“, fragt die Politikerin Charlotte und gibt selbst die Antwort: „Begegnen wir dem Terrorismus. Vielleicht, indem wir versuchen, ihn zu ergründen. Aber auf keinen Fall, indem wir Hysterie erzeugen oder Sensationslust befriedigen. Leben wir möglichst so, daß in unserem Menschenumfeld privater Terror nicht vorkommt.“
Allen Intrigen und Anfeindungen zum Trotz bekennt Charlotte sich zu ihrer Liebe und zu ihrer neuen Aufgabe: „Sicher gibt es Hindernisse. Aber es gibt auch den Willen und die Kraft, diese zu überwinden. Man kann scheitern und aufgeben, man kann aber auch lernen und erkennen.“ Als „kleinen Nachschlag“ gab es das Märchen von Marie mit dem Holzbein und eine kleine Auswahl gesprochener Liedtexte, zum Abschied dann noch ein kleines Lied, a cappella: „An einem Tag, der hell ist und vertraut...“ Viel Applaus für eine starke Frau – lebendig, beweglich, veränderbar. „Ich weiß, wovon ich rede“, läßt Erika Pluhar Charlotte sagen – und meint damit sich selbst.